Artikel 32 des Versicherungsaufsichtsgesetzes sowie die entsprechenden Bestimmungen der Aufsichtsverordnung schreiben – kurz gesagt – vor, dass Rechtsschutzversicherer entweder unabhängig sein müssen oder ihre Schadenregulierung auslagern bzw. den sofortigen freien Anwaltszugang von Anfang an gewährleisten müssen.

In einer Serie von Blog-Beiträgen möchte ich dieses Unabhängigkeitsgebot thematisieren. Hat der Begriff einen Inhalt oder ist es nur ein Werbeslogan? Wie sind die Konkurrenten auf dem Schweizer Markt diesbezüglich unterwegs?

Zugegeben: Als Geschäftsführer der Dextra Rechtsschutz AG, die nun wirklich als einzige Schweizer Rechtsschutzversicherung vollständig eigenständig und unabhängig ist und nicht einmal Vertriebskooperationen mit gebundenen Vertriebsorganisationen pflegt, kann ich gut reden. Ich gebe auch zu, dass wir damit bei den Kunden, Anwälten und unabhängigen Versicherungsmaklern punkten. Aber schliesslich muss ich auch ganz persönlich sagen, dass der ursprüngliche Wunsch, die Dextra zu gründen, unter anderem damit zu tun hatte, dass es sonst keinen eigenständigen Versicherer gab und dass wir alle vier Gründer der Dextra unsere liebe Erfahrung mit Rechtsschutzversicherern gemacht hatten, die eben nicht unabhängig waren.

Ansonsten geht es jedoch in dieser Serie nicht in erster Linie um die Dextra. Ich verfolge vielmehr das Ziel, unsere Kollegen bei den anderen Rechtsschutzversicherungen auch ein Stück weit zu befreien. Dies wiederum soll der Glaubwürdigkeit der Branche nützen. Es soll auch den vielen Geschädigten nützen, die gegen Versicherer kämpfen. Es soll die Rechtssprechung des Bundesgerichts beeinflussen. Es soll auch dem fairen Wettbewerb und der Prämienwahrheit dienen.

Wenn unser Anliegen angekommen sein wird, werden die IT-Systeme von Rechtsschutzversicherern und Allbranchenversicherern nicht mehr verbunden sein, wird es keine Verwaltungsräte, Controller, Aktuare, Personaldienste oder interene Revisioren mehr geben, die bei der Allbranchen-Mutter angestellt sind und gleichzeitig eine Aufgabe bei einem Rechtsschutzversicherer wahrnehmen. Es wird keine Quersubventionierungen, direkten oder indirekten Schadenweisungen oder Produkt-Diktate von Muttergesellschaften mehr geben. All die Instrumente, die zum Schutz der Kunden geschaffen wurden, sollen auch wirklich zu dessen Schutz eingesetzt werden, nicht gegen ihn.

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1 Comment

  1. De iure sind sicher alle RSVs unabhängig. De facto sieht es nach meiner 20jährigen Erfahrung als Anwalt allerdings etwas anders aus, wobei ich NICHT von meiner jetzigen Arbeitgeberin spreche.

    Ich habe in diesen 20 Jahren mehrfach Unschönes (um nicht zu sagen Strafbares) erlebt. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir ein grosser Personenschadenfall, der mittels mehrerer Teilklagen vor Gericht ausgefochten wurde. Der Schadensachbearbeiter der RSV wollte von mir in der «heissen Phase» praktisch im Wochentakt (!) wissen, was ich warum und wie als nächstes zu tun gedenke. Wenn ich das dann ein paar Tage später gemacht habe, schien es mir aufgrund der Reaktion des Schadensachbearbeiters der gegnerischen Haftpflichtversicherung, die zufällig die Muttergesellschaft eben dieser RSV war, dass der das alles schon wusste und sich entsprechend darauf eingestellt haben…
    Die Sache ist dann Gott sei Dank doch noch gut herausgekommen, war für mich war dieser «Zweifrontenkrieg» aber eine gewaltige Herausforderung!

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